Was, wenn ein Regenwurm plötzlich ein Linsenauge hätte? Diese Trilogie schaut in die Zukunft und zeigt anschaulich die Unbarmherzigkeit der Evolution am Beispiel der Spezies Lumbricus terrestris:
1.
Diese Abbildung zeigt einen Regenwurm der Gattung Lumbricus terrestris ocularis aus dem Jahr 2.190.231.014 n. Chr.
Er sieht zwar nun den Dreck, den er frisst, gestochen scharf, klagt andererseits aber über permanente Augenrötung beim Wühlen in der Erde. Seit ihm bewusst geworden ist, was er da eigentlich frisst, leidet er zudem an chronischer Appetitlosigkeit.
2.
Lumbricus terrestris binocularis aus dem Jahre 3.783.200.901 n. Chr., hat eine Laune der Evolution böse mitgespielt:
Wohl kann er nun die Entfernung zu dem Dreck, den er zu seinem Leidwesen fressen muss, wunderbar abschätzen, das Problem mit der Augenrötung hat er nun aber doppelt. Der Ausdruck „Das Auge isst mit“, hat für ihn mittlerweile eine ganz neue Bedeutungsschattierung bekommen. Er würde alles dafür geben, wieder wie seine primitiven Vorfahren leben zu dürfen…
3.
Die vielen erbarmungslosen evolutiven Verbesserungen bei Lumbricus terrestris (hier die Unterart: triocularis) trieben viele Exemplare dieser Spezies in den Suizid…
Motivation
Zu diesem Cartoon motivierte mich eine Passage aus AUGE WIDERLEGT ZUFALLS-EVOLUTION von Wolf-Ekkehard Lönnig. Er schrieb dort in Bezug auf einen Bandwurm:
W.-E. Lönnig: Durch die gesamte Evolutionstheorie zieht sich ein ungeheurer Anthropomorphismus, der auch in den oben zitierten Worten von J. Maynard Smith zum Ausdruck kommt: „…a single light sensitive cell is better than nothing, a light-sensitive cell with a layer of pigment to one side is better still, and so on.“ „…an organ that tells you [Unterstreichung von W.-E. Lönnig] whether the light is on, or where it is coming from, may be a lot better than nothing, at least if you are a flatworm.“ Für einen Bandwurm z.B. sind diese Aussagen völlig irrelevant, andere Lebensformen sind ihren Bedürfnissen entsprechend mit unterschiedlich komplexen Lichtsinnesorganen ausgestattet […] Aus menschlicher (anthropomorpher, anthropozentrischer) Sicht, lassen sich die nach Smith zitierten selektionistischen Verallgemeinerungen verstehen: Für uns (und andere hochkomplexe Lebensformen mit entsprechend komplexen Umweltbeziehungen und dafür notwendigen Sinnesorganen wie Insekten und Vögel) wäre fast jeder Differenzierungsschritt eine Verbesserung. Nur erklärt ein solcher Bedarf an komplexen Sinnesorganen weder den Ursprung der komplexen Lebensform (in deren anatomisch-physiologischen Gesamtorganisation samt Beziehungsreichtum zur Umwelt als Rahmen die verschieden hoch differenzierten Lichtsinnesorgane erst sinnvoll ihren Platz in spezifischer Gestalt und Funktion einnehmen können), noch kann man mit der Umweltvernetzung des organismischen Gesamtsystems und dem daraus resultierenden Bedarf an Lichtsinnesorganen, die Entstehung der Augen unbegründet und nicht reproduzierbar durch Mutation und Selektion schlicht und einfach implizieren.
Anthropomorphismus
Genau um diesen Anthropomorphismus ging es mir in meinem Wurm-Cartoon. Ich hoffe, dass dem Leser so der fehlerhafte Ansatz stärker ins Bewusstsein tritt.
Zu dem Thema Anthropomorphismus schrieb ich einem Leser:
„Die Frage nach Bedürfnissen (Wünschen) stellt sich nur, wenn man welche hat. Die Frage ist: Hat ein Bandwurm überhaupt das Bedürfnis zu sehen? Wird hier nicht ein menschliches Bedürfnis, nämlich das des Sehens, auf einen Bandwurm projiziert? Aber nur, weil der Mensch seine Umwelt visuell erfahren möchte, das gleiche Bedürfnis auch für einen im Darminnern lebenden Bandwurm anzunehmen, ist nicht zulässig. Falls der Bandwurm überhaupt Bedürfnisse hat (man kann ihn ja schlecht fragen), dann vielleicht eher das Bedürfnis, die Fäkalien, in denen er leben muss, nicht zu sehen (aber auch das wäre wieder ein anthropomorpher Schluss).
Ein Mensch würde sich in so einer Umwelt wünschen, kein Geruchsorgan zu haben. Der Bandwurm muss deswegen nicht die gleichen „Empfindungen“ haben. Anthropomorphismus ist daher zum Zweck der Begründung einer angenommenen Evolution nicht nur wenig überzeugend, sondern unzulässig.
Genauso gut könnte man fragen: Hat der Mensch das Bedürfnis, ähnlich wie ein Elefant mit seiner Nase Wasser aufzusaugen und dann in seinen Mund zu spritzen? Wenn dem nicht so ist, ist das dann der Grund, warum ein Mensch keinen Rüssel hat?
Ein Bedürfnis erwächst aus einer Fähigkeit heraus und nicht umgekehrt! Mit Bedürfnissen eine Evolution zu erklären ist somit eine Umkehrung der Reihenfolge. Ohne Auge (und natürlich: die visuelle Vorstellungskraft) hat man nicht das Bedürfnis zu sehen. Hat man ein Auge (oder eine visuelle Vorstellungskraft), will man auch sehen. Aus diesem erst nach dem Erlangen einer Fähigkeit entstandenen Bedürfnis die Entstehung der Fähigkeit abzuleiten, ist nicht möglich (Zirkelschluss). Ähnlich verhält es sich mit der menschlichen Kommunikationsfähigkeit. Aus dieser Fähigkeit entstand das Bedürfnis der Kommunikation. Die sprachlichen Fähigkeiten entstanden aber nicht, weil ein Tier irgendwann den Wunsch nach Kommunikation verspürte. Aber gerade diese verdrehte Argumentation ist die evolutionstheoretische Erklärung für praktisch alles, was das Menschsein ausmacht.
Etwas von Bedürfnissen abzuleiten, funktioniert hingegen nur bei intelligenter Planung. Jemand möchte seine Gedanken festhalten. Er entwickelt planvoll Papier und Schreibzeug – eben weil er intelligent ist. Dem Menschen wachsen jedoch keine Tintendrüsen an den Fingerspitzen und der Fingernagel des Zeigefingers verwandelt sich nicht in eine Schreibmine. Desgleichen hat der Wunsch des Menschen zu fliegen keinerlei Auswirkung auf dessen Anatomie.“